"Das Ehrenamt muss sich breiter aufstellen."

12.09.2023 –  Lisa Engelhard

Immer mehr Menschen mit Flucht- oder Migrationshintergrund möchten sich gesellschaftlich engagieren. Doch wie gestaltet sich der Zugang in ehrenamtliche Strukturen? Die im Rahmen der Interkulturellen Woche von MEM – Mein Engagement in Mainz, der Flüchtlingskoordination der Landeshauptstadt Mainz und dem Malteser Hilfsdienst e. V. in Mainz organisierte Veranstaltung 'Interkulturelles Ehrenamt. Ein Selbstläufer?'  widmete sich genau dieser Frage und thematisierte Potenziale, Stolpersteine, Motivationen und Lösungsansätze für interkulturelles Ehrenamt.

Der Ehrenamtsrückgang im Sport ist (wie in vielen anderen Bereichen) ein allgegenwärtiges Problem. Gleichzeitig leben in Deutschland zahlreiche Menschen mit Fluchterfahrung und Migrationshintergrund, die sich gesellschaftlich engagieren und Aufgaben im Sinne des Gemeinwohls übernehmen möchten. 

Am Montag, den 11.09.23 erörterten rund 40 Teilnehmende aus unterschiedlichen Organisationen und Vereinen im Stadthaus Mainz gemeinsam, wie interkulturelles Ehrenamt gefördert werden kann. In diesem Kontext wurden auch diverse Herausforderungen, wie bspw. Sprachbarrieren und der damit einhergehende Mehraufwand thematisiert. Auch generelle Tendenzen, wie das zunehmende Fehlen von "jungem" Engagement wurden genauer beleuchtet und leiteten zur Frage über, inwieweit sich die Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten so grundlegend gewandelt hat, dass ein Angebot von flexibleren und kurzfristigeren ehrenamtlichen Tätigkeiten, bei denen die ausführenden Personen sich nicht so sehr gebunden fühlen, notwendig geworden ist.

"Am Ehrenamt interessierte Menschen mit Flucherfahrung oder Migrationshintergrund bringen viele Soft Skills, aber auch Hard Skills mit, die jede Organisation bereichern können", sagt Fatma Polat, Vorsitzende des Sport- und Kulturvereins Arc-En-Ciel Mainz e. V., der sich schwerpunktmäßig für die sportliche und kulturelle Teilhabe von Menschen, insbesondere von sozial Benachteiligten, Migrant*innen, Geflüchteten und Menschen mit Behinderung einsetzt und zu den Stützpunktvereinen des Bundesprogramms 'Integration durch Sport' zählt. Ein großes Hemmnis, sei es jedoch, dass Vereine ihre Komfortzone verlassen müssen, wenn sie sich interkulturell öffnen möchten. "Das Ehrenamt muss sich breiter aufstellen. Dabei gilt es auch, die Strukturen im eigenen Verein zu hinterfragen", ergänzt Fatma Polat. Sie wünsche sich mehr Diversitätskompetenz seitens der Vereine und fordert, dass jene Minderheiten, die weder gut sozialisiert noch in der Vereinswelt angekommen sind, von den Vereinen und Organisationen in den Blick genommen werden.

Die Diskussionsrunde verdeutlichte, dass eine nachhaltige Auseinandersetzung damit, wie interkulturelles Ehrenamt in der Zukunft gewonnen werden kann, unabdingbar ist. Nicht nur, weil Ehrenamtliche händeringend gesucht und benötigt werden, sondern auch um Geflüchteten und Menschen mit Migrationshintergrund den Zugang zu ehrenamtlichem Engagement und somit zur aktiven Mitgestaltung an der Gesellschaft zu gewährleisten.

Das Bundesprogramm 'Integration durch Sport' nimmt aus der Veranstaltung jede Menge Motivation mit, um den Bereich der sog. 'freiwillig Engagierten' des Programms (die nebenbei bemerkt häufig einen Migrations- oder Fluchthintergrund haben) weiter auszubauen und dadurch auch auf das Thema 'Interkulturelles Ehrenamt' aufmerksam zu machen.

Christian Bürkel

Programmleiter „Integration durch Sport“