Sitzvolleyballer Heiko Wiesenthal will mit 46 noch einmal zu den Paralympics
Der Adler auf der Brust macht ihn stolz
Eigentlich hatte der 45-Jährige seit erfolgreiche Karriere nach den Paralympics 2016 in Rio seine Karriere beendet. Doch jetzt will er es noch einmal wissen. „Heiko wird über das Spitzensportförderprojekt Team Rheinland-Pfalz gefördert, das die Förderung von regionalen Top-Athleten mit Bundeskaderstatus fokussiert“, kommentiert Fabienne Knecht, Referentin bei der Stiftung Sporthilfe. „Sein großes Ziel sind die Paralympics 2021 in Tokio.“ Der gebürtige Mayener, der sein Geld als Ergotherapeut verdient, verlor als blutjunger Soldat seinen linken Unterschenkel. Damals, mit 20, sollte er die Verladung von schwerem Gerät auf einen Zug bewachen. Er bekam den Befehl, auf einen Panzer zu klettern. Der Abstand zur Hochspannungsleitung war gering. Als er die Leitung berührte, schossen 15.000 Volt durch seinen Körper. Nach drei Tagen wachte der Hüne aus dem Koma auf. Mit Verbrennungen an Kopf und Oberkörper. Der linke Fuß – verstümmelt. Seine Kette am Hals – eingebrannt. Bei dem Horrorunfall waren binnen Sekunden zehn Liter Wasser aus seinem Körper verdunstet. Der linke Fuß – nicht mehr zu retten. Die Entscheidung für eine Amputation – unumgänglich. „Zusammen mit dem Arzt haben wir nach zwei Wochen entschieden, dass das Bein amputiert werden muss“, öffnete Wiesenthal im Plausch mit SWR-Journalist Marius Zimmermann, der ihn für die Rubrik „Nah dran“ porträtierte, die Gedächtnisschublade. „Nach der OP bin ich wach geworden und habe eine Nacht geheult.“ Am nächsten Tag sagte er sich: „Okay, das ist jetzt so – jetzt musst du weiter machen.“
"Die Unterstützung der Sporthilfe RLP hilft mir sehr!"
Und wie Wiesenthal weiter machte. Er schindete sich wie ein Berserker. Anderthalb Jahre nach der Amputation war er zurück in dem Sport, der ihm vor dem Unfall so viel Spaß gemacht hat: Faustball. Als einziger Sportler, der mit Prothese sogar Bundesliga spielt. Durch Zufall landete er beim Sitzvolleyball. Flugs stand er im Nationalteam. Nach nur zwei Jahren Training schnappte er sich mit den Jungs Bronze bei den Paralympics 2012 in London. Das absolute Highlight seiner Karriere. Mit unvergesslich großen Gefühlen. Nach den Paraylmpics in Rio 2016 wollte er den Ball flach halten, mehr Zeit für die Familie haben. Eigentlich. Doch 2019 kam die Anfrage der Nationalmannschaft. Lange musste er nicht überlegen. Gattin Tanja nickte. Wiesenthal war back. Für Lehrgänge und Turniere musste Wiesenthal 40 bis 50 Tage seine Arbeit ruhen lassen. Machte er aber gerne. Der Adler auf der Brust erfüllt ihn mit Stolz. Und die Paralympics sind erst recht der helle Wahnsinn. Der Haken: Die Nationalmannschaft ist noch nicht für Tokio qualifiziert. Das Quali-Turnier sollte im März in Oklahoma steigen. Doch dann funkte Corona dazwischen. Dennoch entschied der Vorstand der Sporthilfe RLP, Wiesenthal wieder zu fördern. „Diese Unterstützung hilft mir sehr“, betont Wiesenthal. Seine Teamkollegen Dominik Seitz und Francis Tonleu werden bereits seit 2019 gefördert. Gemeinsam wollen die drei Rheinland-Pfälzer den Weg nach Tokio 2021 schaffen. An guten Tagen ist dort alles möglich