
Gesa Krause versucht optimistisch zu bleiben und unterstützt virtuelle Laufveranstaltung
Olympischer Medaillentraum verschoben
Die Olympischen Spiele in Tokio sollten der (vorläufige) Karrierehöhepunkt von Gesa Felicitas Krauses werden. Eine Medaille über 3000 Meter Hindernis schien nach Bronze bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften im vergangenen Herbst in Doha möglich. Bisher hat erst eine deutsche Sportlerin olympisches Edelmetall im Langstreckenlauf gewonnen. Katrin Dörre-Heinig, die Frau von Krause-Trainer Wolfgang Heinig, gewann 1988 in Seoul Marathon-Bronze.
Die Realisierung des Medaillentraums ist nun auf 2021 verschoben. Dass es mit dem geplanten Saisonhöhepunkt 2020 nichts werden würde, erfuhr Krause im Trainingslager in Boulder in den USA. „Die Entscheidung schmerzt auf jeden Fall. Ich habe mich sehr, sehr lange darauf vorbereitet. Irgendwie wird einem dann das Ziel genommen. Das ist für mich auch erst einmal schwierig damit umzugehen“, erklärte die sichtlich betroffene Athletin des Vereins Silvesterlauf Trier per Video am Tag nach der Bekanntgabe des Olympia-Aus. Sie sagte aber auch, dass sie ihren Traum von der Olympia-Medaille weiter verfolgt: „Ich habe es wieder auf den Sportplatz geschafft und mein Training absolviert. Man darf den Kopf nicht in den Sand stecken und muss mit den Möglichkeiten, die einem geboten sind, das Beste daraus machen.“
Was das Training betraf, war es von Vorteil, dass Krause im März und der ersten Aprilhälfte in Amerika weilte. Nach ihrem WM-Bronze-Coup von Doha Ende September hatte sich die Athletin mit dem Ziel Tokio akribisch vorbereitet, war fast durchgehend im Höhentrainingslager unter anderem im kenianischen Läufermekka Iten.
Kurz vor dem Einreisestopp in die USA kam sie in Amerika an. Ein geplanter Straßenlauf über zehn Kilometer wurde wegen der Infektionen mit dem neuartigen Corona-Virus abgesagt. Eine Rückkehr auf den afrikanischen Kontinent (geplant war ein Höhentrainingslager in Südafrika) war ausgeschlossen. Aber während in Deutschland Sportstätten dicht machten, konnte Krause auf den Kunststoffbahnen in Boulder weiter trainieren.
Dadurch, dass im März nicht abzusehen war, wann und ob überhaupt es in diesem Jahr es Rennen noch geben würde, schaltete Krause in der über 1600 Meter hoch gelegenen Universitätsstadt in Colorado wieder in den Grundlagenmodus und blieb optimistisch: „Der Sport ist mein Leben. Wo sich eine Tür schließt, öffnet sich woanders die nächste.“ Rund 160 Kilometer pro Woche lief die 27-Jährige. Nach Ostern kehrte die zweimalige Europameisterin (2016 und 2018) nach Deutschland zurück.
Den Zeitpunkt Boulder zu verlassen habe sie, wenn auch zufällig, gut abgepasst. Vor Supermärkten anstehen, das habe sie auch in den USA gemusst. Aber Sportanlagen waren noch nutzbar. „Drei Tage nach meiner Abreise wurden dort die Sportplätze geschlossen“, erzählt Krause bei ihren Eltern im mittelhessischen Dillenburg angekommen. In Deutschland versprechen die beschlossenen Erleichterungen nun bessernde Bedingungen für alle Sportler. „Ich werde zweimal pro Woche nach Frankfurt fahren, um die Kerneinheiten mit meinem Trainer zu absolvieren“, erzählt Krause. „Es ist das erste Mal seit langer Zeit, dass ich länger zu Hause sein werde.“
Nicht nur sportlich, auch finanziell wird die Corona-Krise bei Krause Spuren hinterlassen: „Ich kann nicht mit Einnahmen von Wettkämpfen rechnen“, sagt die Profisportlerin. „Ich denke, dass ich am Ende des Jahres nicht so dastehen werde, wie sonst.“ Aber sie sei in der glücklichen Lage, treue Sponsoren zu haben und Sportsoldatin bei der Bundeswehr zu sein. Aber „hartes Brot“ sei die nun abgebrochene Olympia-Vorbereitung seit vergangenen Herbst gewesen. Da komme natürlich schon die Frage „wozu?“ auf.
Nachdem auch die Leichtathletik-EM abgesagt ist, fehlt 2020 auch die Kontinentalmeisterschaft als Ersatz-Saisonhöhepunkt. „Ich möchte kein Jahr ohne Wettkämpfe haben“, sagt Krause. Wenn nicht anders möglich kann sie sich auch kleine Meetings ohne Publikum, dafür aber im Livestream übertragen vorstellen. Kreativität ist gefragt - im Spitzen- wie im Breitensport. Deshalb unterstützt Krause mit ihrer Teilnahme auch die von den Laufwarten Klaus Jahnz (Reudelsterz) und Wolfram Braun (Föhren) initiierte virtuelle Laufveranstaltung. Durch kollektives Laufkilometer-Sammeln sollen Hobby- wie Leistungsläufer ihre Motivation behalten. Nebenbei werden Spenden zugunsten von durch Corona in Not geratene Laufveranstalter und dem Leichtathletik-Verband Rheinland gesammelt.
Text: Holger Teusch