„Fair Play kennt keine Uhrzeiten“: Sven Laforce, Anti-Doping-Beauftragter des LSB, über seinen Job

09.01.2025 –  Michael Heinze

Neben Lisa Kniebeler vom Präventionsprogramm der NADA „Gemeinsam gegen Doping“ war am 4. Dezember Sven Laforce, Anti-Doping-Beauftragter des Landessportbundes, der Protagonist bei der Tagung der Anti-Doping-Beauftragten des LSB in Mainz, bei der es um aktuelle Dopingpräventionsangebote sowie das neu eingeführte Angebot für die Partnerschulen des Leistungssports ging. Im Interview spricht der Gymnasiallehrer aus Speyer über Motivation und Karrierestufen eines Dopingkontrolleurs sowie unvergessliche Erlebnisse in seiner langen Laufbahn.

Hallo Sven, was muss man rund um das neu eingeführte Angebot für die Partnerschulen des Leistungssports alles wissen?
Wir vom Dopingpräventionsteam des Landessportbundes versuchen, neue Wege und Möglichkeiten der Informationsweitergabe rund um das sportlich faire Verhalten zu beschreiten. Da sich die NADA schwerpunktmäßig um die Eliteschulen des Sports kümmert, war es für uns nur ein logischer Schritt, die nächste sportliche Leistungsstufe auf Schulebene anzugehen. Für mich als Gymnasiallehrer ein Heimspiel, denn die Institution Schule ist meine tägliche Arbeitsstätte. Darüber hinaus wollen wir aber auch das Umfeld der jungen Sportlerinnen und Sportler abdecken und die Bedeutung der Elternrolle mit einem Elternabend in den Mittelpunkt stellen.

  • Sven Laforce bei Olympia

    Hat mit seinen Kontrolltätigkeiten mittlerweile alle olympischen Sportarten abgedeckt: Sven Laforce.

    Foto: Sven Laforce

Seit wann arbeitest Du eigentlich nebenberuflich als Dopingkontrolleur und inwiefern bist Du in all den Jahren Stufe um Stufe die „Karriereleiter“ emporgeklettert?
Als Dopingkontrolleur „arbeite“ ich schon seit 1997 auf internationaler Ebene. Damals immer im Tandem mit meiner Frau zusammen, so dass wir gemeinsam das komplette Athletenfeld abdecken konnten, egal ob Sportlerin oder Sportler. All das Wissen rund um das Dopingkontrollsystem habe ich von meinem Schwiegervater Prof. Dr. Eduardo De Rose (BRA) vermittelt bekommen, der mich bei meinen ersten Kontrollen in Rio de Janeiro (BRA) persönlich eingearbeitet hat. Eine Karriereleiter existiert quasi nur bei sportlichen Großereignissen, wo man vom Chaperone bis zum Stationsmanager im Kontrollwesen „aufsteigen“ kann. Vom Prinzip her bleibt man nach der Ausbildung zum Dopingkontrolleur auch immer ein Kontrolleur – mit der Erneuerung der Lizenz.

Bei wie vielen Olympischen Spielen warst Du mittlerweile mit von der Partie – und wie viele werden noch folgen?
Sechs Olympische Spiele stehen nun schon in meiner Dopingkontroll-Agenda: Sydney, Salt Lake City, Athen, Turin, London und Rio de Janeiro. Nach der Pandemie habe ich mir die Olympischen Spiele 2024 mit meiner Ehefrau als Privatperson in Paris vor Ort angeschaut. Und auch hier hat der olympische Geist seine Wirkung nicht verfehlt.

Inwiefern hat sich Dein Tätigkeitsfeld mit den Jahren verändert – und was reizt Dich nach dieser langen Zeit immer noch so sehr an dieser Aufgabe?
Wie gesagt: Einmal Kontrolleur, immer Kontrolleur. Mittlerweile habe ich alle olympischen Sportarten mit meinen Kontrolltätigkeiten abgedeckt. Entweder als Wettkampf- oder als Trainingskontrolle. Viele nicht-olympische Sportfelder sind hinzugekommen, aber natürlich gibt es immer wieder neue Sportdisziplinen bzw. Herausforderungen. Meine große Motivation bleibt jedoch weiterhin meine Leidenschaft für den Sport. Des Weiteren gilt mein Engagement dem sauberen und fairen Sport, so dass ich meinen Schülerinnen und Schülern immer ein Vorbild sein kann.

Du bist ja nicht nur bei Wettkämpfen vor Ort, sondern machst auch unangekündigte Kontrollen. Mit welchen Gedanken/Gefühlen klingelst Du morgens um 6 Uhr an der Tür eines/einer Athlet*in – oder ist das alles nur ein Klischee und stimmt in Wirklichkeit gar nicht?
Es ist insofern ein Mythos, als wäre es die vorsätzliche Schuld des Kontrolleurs. Tatsächlich wählen in 95 Prozent der Fälle die Athletinnen und Athleten diese frühmorgendliche Stunde selbst. Wenn sie nämlich demjenigen Testpool angehören, der täglich ein Stundenfenster für Kontrollen angeben muss. Dies hat folgende Gründe: Sie werden durch die Kontrolleure geweckt, sind direkt bereit für die Morgentoilette und werden uns Kontrolleure somit ganz schnell wieder los. Für mich als Kontrolleur bietet sich noch der große Vorteil autofreier Straßen zu dieser Uhrzeit. Also tatsächlich eine Win-Win-Situation für beide Seiten und somit kein ungutes Gefühl meinerseits. Natürlich wäre es schön auszuschlafen – aber Fair Play kennt keine Uhrzeiten.

Hast Du auch schonmal an der falschen Tür geklingelt bzw. was war sonst Dein kuriosestes/verrücktestes Erlebnis während Deiner Zeit als Dopingkontrolleur?
Bislang habe ich immer die angegebene Adresse gefunden. Mal schneller, mal langwieriger. Kuriose Erlebnisse sind natürlich die Appartements in Wohnblöcken, bis man die richtige Wohnung ausgemacht hat oder bis man durch die verschiedenen Sicherheitssysteme/-schleusen Einlass erhalten hat. Klar gibt es verrückte Situationen. Ganz oben in meiner Hitliste steht hierbei die Fahrt im Fahrschulauto, da der Athlet nach dem Training natürlich seinen Terminkalender einhalten wollte und die Urinabgabe sich doch etwas in die Länge zog. Auch wenn der Fahrlehrer nur wenig Begeisterung zeigte und es vieler Erklärungen bedurfte, bis er die Sachlage verstanden hatte.

Gab es auch einmal etwas, dass Dich besonders berührt bzw. traurig gemacht hat?
Seit April 2024 ist meine Tochter volljährig und natürlich war es mein ganzer Stolz, sie ebenfalls ins Dopingkontrollwesen einzuweisen. Nun ist also die ganze Familie auf der Jagd nach Betrügern im Sport. Ein Gefühl der Wut gab es auch noch: Einmal hat sich eine Nation bei einer Auslands-Trainingskontrolle gegenüber meiner Person so misstrauisch verhalten, dass ich durch die örtliche Polizei festgehalten wurde und man meine Ausweisdokumente einbehalten hat, so dass ich erst am nächsten Tag wieder ausreisen durfte. Dies hatte natürlich keinen Einfluss auf meine Kontrollen, die dennoch stattgefunden haben, da die Athleten keine Sperren riskieren wollten. Aber meinen Terminkalender hat es gehörig durcheinandergebracht…

Wie lange wirst Du den Job als Dopingkontrolleur noch machen – eine Altersgrenze gibt es ja nicht?
Korrekt. Wenn die Athleten sagen, dass es unnötig lange dauert, weil ich nicht mehr der Schnellste bin – spätestens dann wird es Zeit abzutreten.

Sie sind also auch künftig mit Verve bei der Sache, oder?
Mit meinem Idealismus und durch mein ehrenamtliches Engagement habe ich jeden Tag neue Motivation und auf lange Sicht gelingt es dadurch immer wieder neue Projekte anzugehen, so dass sich auch künftig bei mir alles um den Sport – als für mich schönste Nebensache der Welt – drehen wird. Außerdem soll und muss die Wertevermittlung ständig im Vordergrund stehen. Denn nur ein steter Tropfen höhlt den Stein!

Das Interview führte Michael Heinze