Beispiel PST Trier: Wie einen großen Breitensportverein die eigenen Sportstätten an die Grenzen bringen

07.07.2025 –  Michael Heinze

Wie schafft es ein Großsportverein, seine verschiedenen Anlagen in Schuss zu halten bzw. was macht er, wenn das aus Kostengründen einfach nicht mehr möglich ist? Dieser Frage ist der LSB nachgegangen. Der Post-Sportverein Trier (PST) hat unserem Reporter einen tiefen Blick hinter die Kulissen eines Breitensportvereins mit all seinen Sorgen und Nöten gewährt.

3.238 Mitglieder, 31 Abteilungen

Vorneweg: Der PST ist sehr groß. Der größte Verein in Trier. Der drittgrößte im Sportbund Rheinland. Und die Nummer zwölf in ganz RLP. 3.238 Mitglieder in 31 Abteilungen mit 45 verschiedenen Sportarten. Und der PST hat sehr viele Sportanlagen, die übers halbe Stadtgebiet verteilt sind. Um die alle zu inspizieren, geht locker ein ganzer Tag drauf. Wir beschränken uns deshalb auf die wichtigsten Anlagen, als wir uns am einem Donnerstagnachmittag Ende Juni mit Martin Böhler auf eine kleine Tour zu den PST-Sportstätten aufmachen. Martin Böhler – groß gewachsen mit grau melierter Kurzhaarfrisur und Dreitagebart – ist zwar weder der Präsident des PST noch Präsidiumsmitglied. Aber als Referent für Liegenschaften kennt der gebürtige Kölner die Hallen und Plätze des riesigen Mehrspartenvereins aus dem Effeff. Mit all ihren Stärken und Schwächen. „Um die Liegenschaften könnte man sich noch viel mehr kümmern“, schickt der Ehrenamtler voraus, der der sein Geld als Architekt bzw. Projektmanager im nahen Luxemburg verdient und jeden Monat 20 Stunden seiner Freizeit in seinen Klub investiert. „Aber es ist halt ein Ehrenamt.“ Der 57-Jährige, der früher in der Verbandsliga Hockey spielte und heute Hockey-Jugendwart des PST ist, berät den Klub mit seinem Fachwissen. Aus Diskussionen um Finanzierungswege und Prioritätensetzungen hält sich Böhler mit voller Absicht zurück. „Die Abteilungen, die eine Anlage exklusiv oder fast ausschließlich nutzen, sind dafür auch weitestgehend verantwortlich. Wenn sie uns brauchen, weil sie es finanziell nicht packen oder die Expertise nicht haben, melden sie sich auch bei uns.“

  • Mann auf marodem Ascheplatz

    Der Herr der Liegenschaften beim PST Trier: Architekt und Hockey-Experte Martin Böhler.

    Foto: Michael Heinze

Immobilien sind Topthema

Das kann Maria Funk bestätigen. Die 31-Jährige leitet die Geschäftsstelle, die sich in einem stattlichen alten Wohnhaus in der Ausoniusstraße mitten in der Trierer City, fünf Gehminuten von der Fußgängerzone entfernt, befindet. Ein Viertel ihrer Arbeitszeit widmet sich Maria Funk der „Immobilienverwaltung“, kümmert sich um Versicherungen und Schäden, Koordinierung von Handwerker-Rechnungen etc. „Bei Präsidiumssitzungen sprechen wir ungefähr drei Viertel der Zeit nur über Immobilien“, verrät Böhler. „Das Thema nimmt einen großen Raum der ehrenamtlichen Arbeit ein.“

Das Herzstück des PST

Wir steigen die Treppen der Geschäftsstelle herunter und stehen direkt vor der Toni-Chorus-Halle. Dem Herzstück des PST. Das unumstrittene Schmuckstück des Vorzeigevereins. Denn die Halle, die 1969 eingeweiht wurde, ist so gut wie neu. Mit modernster Technik ausgestattet. Nur ein Beispiel: Lichtschalter mit Bewegungsmeldern. Der bestens gepflegte Parkettboden lacht einen förmlich an. Am liebsten möchte man hier selbst in die Hallenschuhe schlüpfen und sich ein bisschen dem Ballsport widmen. „Außen wurde die Halle 2014 saniert, die Innensanierung wurde 2018 abgeschlossen“, öffnet Maria Funk die Gedächtnisschublade. Böhler spricht von der „mit Abstand größten Sanierungsmaßnahme, die der Verein die letzten 40, 50 Jahre gemacht hat – natürlich ging das nur mit Hilfe der Stadt und des Landes“. Zehn Prozent der Kosten von insgesamt gut 2,3 Millionen Euro finanzierte der PST, der Rest floss über Fördermittel.

Fleißiger Hausmeister

Die großzügige Förderung durch Stadt und Land war möglich, weil die Halle „nicht nur für Vereinszwecke genutzt wird“, so Böhler. „Nämlich für die Schulen. Das ist eine Schulsporthalle vormittags oder zu bestimmten Zeiten. Um den Unterhalt kümmern wir uns größtenteils.“ Der fleißige Hausmeister Reza Rostaei wohnt samt Ehefrau eine Etage über der Geschäftsstelle, ist für den Standort Ausoniusstraße zuständig – und kümmert sich um ganz viele Kleinigkeiten. Der 60-Jährige ist rund um die Uhr erreichbar. „Reza ist ein wesentlicher Faktor für die Instandhaltung an diesem Standort. Das ist ein Agreement mit der Stadt. Zum Teil werden Personalkosten von Reza von der Stadt getragen.“ Und ohne städtische Unterstützung könnte der Post-Sportverein die Halle, die jede Woche von 2.000 großen und kleinen Sportler*innen genutzt wird, weder sanieren noch betreiben. Seit der Sanierung der Toni-Chorus-Halle ist der Verein noch ein gutes Stück verschuldet. „Solange das der Fall ist, können wir nur das Nötigste machen“, macht Böhler deutlich. „Auch wenn ansonsten alle anderen Sportanlagen absehbar Sanierungsfälle sind.“

"Strukturelles Problem"

Zu manchen seiner Immobilien kam der PST ein wenig wie die Jungfrau zum Kind. „Wir haben Sachen geerbt, die komplett unsere Möglichkeiten übersteigen“, sagt Böhler. Klammere man die Toni-Chorus-Halle einmal aus, „haben wir ein strukturelles Problem als Sportverein – denn wir sind mit den Immobilien finanziell und personell komplett überfordert“. Die Konsequenz davon ist, dass Stadt und Verein schon seit zwei Jahren versuchen, die Reitanlage samt großer und kleiner Reithalle („Die haben wir auf Erbpachtbasis errichtet, die wird über einen Pächter betrieben“) zu verkaufen. Den PST hält das Thema ganz schön auf Trab. „Denn wenn da irgendwas Größeres, etwa am Dach, anfällt, ist der Verein pleite“, redet Böhler Klartext. „Diese Anlage können wir einfach nicht mehr halten, weil wir uns den Unterhalt nicht leisten können – wir haben ja nur unsere Mitgliedereinnahmen.“ Der PST hofft zusammen mit der Stadt Trier als Grundstückseigentümerin einen übernahmewilligen Interessenten zu finden. Aufgrund der Notwendigkeit eines Ausschreibungsverfahrens ein komplexes Unterfangen.

Idyllisch, aber marode

Beim idyllisch gelegenen Waldstadion („Das Ding gehört komplett der Stadt, wir nutzen es nur“) hätte der PST lieber heute als morgen eine Sanierungslösung – mit der Stadt im Boot. „Da ist es noch schlimmer“, erklärt Böhler. „In der Reitanlage kann noch vernünftig Reitsport betrieben werden, aber im Waldstadion nicht mehr.“ Das wird deutlich, als wir nach zehn Minuten Autofahrt an der riesigen Anlage mitten in der Natur ankommen. Die Arena hat ihre besten Tage lange hinter sich. Der Stadionrasen ist fast kniehoch, die Tribünen sind nicht mehr zuerkennen – mit Sträuchern überwuchert. „Fußballer oder Rugby-Leute können da oben keinen Sport treiben – Leichtathletik-Wettkämpfe sind auch nicht mehr möglich“, konstatiert Böhler. Sporttreiben sei hier eine Zumutung. „Die Anlage inklusive Gastronomie und Umkleiden ist dem Verfall Preis gegeben. Aber ohne kommunale Unterstützung kommen wir nicht an die Fördermittel.“

Verschlammung nimmt zu

Ähnlich sieht es aus beim Yachthafen, wo die Segelabteilung ihr Domizil hat. „Wir haben es von der Stadt übernommen und kümmern uns drum“, sagt Böhler. Eine große Herausforderung stellt die zunehmende Verschlammung des Hafenbeckens dar. „Wir gehen das Problem gerade mit der Stadt Trier an. Möglicherweise gibt es smarte Verfahren, die Erfolg versprechen und finanzierbar sind.“

Ziel: Status quo halten

2024 hat der PST 33.000 Euro in Reparatur und Instandhaltung investiert, 2025 bis einschließlich März bereits 10.000 Euro. Solche Arbeiten konzentrieren sich fast alle auf Dach, Heizung und Sanitär. „Keine unserer Anlagen könnten wir alleine sanieren – weil das Geld nicht in dieser Größenordnung vorhanden ist“, resümiert Martin Böhler. „Im Prinzip fressen uns die Liegenschaften auf. Finanziell – aber auch ressourcenmäßig. Wir versuchen einfach nur den Status quo so zu halten, dass er für die Ausübung des Sports noch zumutbar ist.“ Und damit dürfte sich der PST in der rheinland-pfälzischen Sportvereinslandschaft in bester Gesellschaft befinden…