Nahrungsergänzungsmittel Topthema bei 2. Tagung der Anti-Doping-Beauftragten

14.12.2023 –  Michael Heinze

Warum Nahrungsergänzungsmittel (NEM) seiner Meinung nach „überflüssig bis riskant“ sind, erläuterte Sven Laforce, Anti-Doping-Beauftragter des Landessportbundes, bei der 2. Tagung der Anti-Doping-Beauftragten, die am Mittwochabend mit elf Teilnehmer*innen online stattfand.

Jeder kann Nahrungsergänzungsmittel auf den Markt bringen

„Es gibt keine Studien darüber, wie effizient Nahrungsergänzungsmittel sind“, betonte Laforce. „Es gibt keine wissenschaftliche Untersuchung, dass eine Wirkung auch wirklich erzielt wird – von daher sehe ich sie ganz kritisch.“ Natürlich dürften Nahrungsergänzungsmittel (NEM) die normale Ernährung ergänzen, jedoch keine arzneiliche Wirkung haben. Um NEM auf den Markt zu bringen, benötige man keine Zulassung. Der Hersteller habe die geltenden Vorschriften in eigener Verantwortung zu beachten. 

„Jeder von uns kann so ein Produkt anpreisen und auf den Markt bringen“, redete der Gymnasiallehrer aus Speyer Klartext. „Jeder darf sich das heraussuchen, was für seine Werbezwecke und seinen Gewinnrausch besonders zielführend ist. Man muss der Zulassungsbehörde überhaupt keinen Nachweis erbringen, wie wirksam oder sicher Nahrungsergänzungsmittel sind. Noch schlimmer ist es, dass überhaupt keine Höchstmengen für Inhaltsstoffe angegeben werden müssen. Und die Mengenangaben auf der Verpackung können bis zu 50 Prozent von der tatsächlichen Menge im Produkt abweichen. Das finde ich ein starkes Stück – dann brauche ich eigentlich auch keine Mengenangaben anzugeben.“

Nahrungsergänzungsmittel können schaden

Für Sven Laforce handelt es sich bei NEM um einen „ersten Schritt zu einem so genannten dopingrelevanten Verhalten“. Stichwort: Dopingmentalität. Soll heißen: Eine zwanghafte Versuchung, die eigene Leistungsfähigkeit zu stärken – indem man mehr tut, als die natürlichen Ressourcen hergeben. Und das ist doppelt gefährlich. Denn selbstverständlich, so Laforce, hätten NEM auch etliche Nebenwirkungen. Wobei jeder Mensch anders darauf reagiert. Fakt ist: Zu viel Vitamin D kann der Niere schaden. Zu viel Vitamin E erhöht das Risiko für Prostatakrebs. Vitamin A kann im Übermaß die Leber schädigen. Vitamin K beeinflusst die Wirkung von Medikamenten – es kann hier Wechselwirkungen geben. Eisen sollte nur nach ärztlicher Rücksprache eingenommen werden, Pflanzenextrakte können Giftstoffe enthalten, und, und, und. „Der Sportler allein trägt das Risiko und ist für sich selbst verantwortlich – egal ob er elf oder 88 Jahre alt ist.“

  • Nahrungsergänzungsmittel

    Manche Nahrungsergänzungsmittel enthalten mehr Wirkstoff, als der Körper braucht. Doch Überdosierungen können gefährlich sein.

    Foto: Getty Images/Sasha Brazhnik

Durch "normale" Ernährung ausreichend versorgt

Fazit des Anti-Doping-Beauftragten: Kein NEM ist zu hundert Prozent risikofrei, 15 bis 38 Prozent der NEM sind laut Studien sogar verunreinigt. „Ich würde keinem Produkt vertrauen, denn ich kann mich ja noch nicht einmal auf die Herstellerangaben verlassen“, so Laforce. „Jede Überdosierung schädigt – es bleibt immer irgendwas an unserem Organismus hängen.“ Auch mit eher schmalem Portemonnaie könne man sich gut ernähren und seinem Körper alles geben, was er für sportliche Herausforderungen benötige. Mit der normalen Ernährung sei man „in und um das Training ausreichend versorgt“. Minimieren könne man sein Dopingrisiko durch Produkte aus der Apotheke oder mittels Check über die Kölner Liste – die Nahrungsergänzungsmittel und Sportlernahrung mit minimiertem Dopingrisiko führt und Athlet*innen Schutz bietet und Orientierung gibt in einem intransparenten Markt mit tausenden von nicht kontrollierten Produkten. Auch im Breitensport und bei „Top“-Senior*innen sind aus Sicht des Pädagogen „Kontrollen als Abschreckung sinnvoll – aber das kostet Geld“. Wobei diejenigen, die bewusst betrügen wollten, sich auch durch Kontrollen nicht abschrecken ließen.

Kostenlose Angebote der NADA

Melanie Heß, LSB-Referentin für Leistungssport, lieferte Infos zur Rolle der Anti-Doping-Beauftragten (ADB) für einen sauberen Sport. Demnach sind ADB das zentrale Bindeglied zwischen Landesfachverband, Nationaler Anti Doping Agentur (NADA) und Athlet*innen. „Sie übernehmen eine Schlüsselposition in der Anti-Doping-Arbeit“, betonte Heß. Diese fuße auch zwei gleichwertigen Säulen – dem Doping-Kontroll-System und der Dopingprävention. Auf letztere konzentrieren sich die ADB der Landesfachverbände. Laut Heß ist es unter anderem wichtig „darüber aufzuklären, dass unbeabsichtigte Dopingvergehen vermieden werden können“.

Die NADA stelle verschiedene Angebote zur Verfügung, die allesamt kostenlos genutzt werden könnten. Die Palette reiche von E-Learning und dem NADA-Newsletter bis hin zu Web-Seminaren. Man könne sich aber auch Workshops oder einen Infostand von der NADA organisieren oder sich kostenlos Broschüren schicken lassen. Nicht zuletzt biete die NADA2go-App den Athlet*innen übersichtliche Infos, „was man darf und was nicht“.

Ansprechperson

Portrait Melanie Heß
Melanie Heß

Referentin Leistungssport